Von Frauenhain nach Raden Teil 1

Falls jemand einen Film über die Zombie-Apokalypse drehen will: am Haltepunkt Frauenhain findet er eine fertige Kulisse vor. Das Gebäude ist nicht etwa verfallen; das würde den krassen Gegensatz zur sonnenbeschienenen Landschaft mildern. Es ist halbwegs intakt, hat ein anheimelndes hölzernes Vorhäuschen, doch alle Fenster und Türen sind mit Polyurethan-Hartschaumplatten gesichert und die Wände mit folgenden Inschriften versehen: „SGD (Sportgemeinschaft Dynamo) 1953“, „Streetart is not a crime“, „Still not loving Germany“. „Zona-antifascista!“ und, ganz unten an den Schaltkästen „Animal liberation“. Das leere blecherne Gehäuse der Bahnhofsuhr deutet das Ende aller Zeiten an. Das Ganze gehört zu den Kulturdenkmalen von Röderaue.

Natternkopf am Wegesrand, Frauenhain
Natternkopf am Wegesrand, Frauenhain

Dann geht es aber ganz idyllisch weiter, mit einer gepflegten Wartezone,  Parkplatz und Fahrradständern. Bushaltestelle und Fahrradweg neben der Straße, die ohnehin wenig befahren ist, Heckenrosenbüsche – jetzt mit Hagebutten – Schlehen und Natternkopf, ein Admiralspärchen.

Ein Gedenkstein mit Kreuz trägt eine schwer lesbare Inschrift. „Hier verstorben… Alter von 38 Jahren…“

Frauenhain, Haus mit Nebengebäude
Frauenhain, Haus mit Nebengebäude

Am Kiefernwald beginnt das Dorf mit lauter neuen oder doch frisch verputzten Häusern; nach einer Weile kommt man auch zu Resten traditioneller Bauweise. Diese Häuser haben kleine Seitengebäude, vielleicht einstige Ausgedingehäuschen als Ruhesitz der Eltern. Am großen und kleinen Haus die beiden Giebelfenster dicht nebeneinander, Wahrzeichen des sächsischen Bauernhauses. Es gibt auch ein Modehaus, goldgelb leuchtend, blumengeschmückt, gestreifte Markisen, dann liebevoll restauriertes Fachwerk mit Weinspalier (ja, hier gab es Weinbau, vor der kleinen Eiszeit).

Zwei Häuslein, Frauenhain
Zwei Häuslein, Frauenhain

Diese beiden mag ich ganz besonders, wie sie aus dem Grün rausgucken. Man muss sich das Ganze mit dem Hintergrundlärm der Stare vorstellen, die sich zum Abflug versammeln. Schwalben gibt es auch.

Der Höhepunkt des Ganzen ist die verlässlich geöffnete Kirche (April – Oktober 10 – 17 Uhr). Hier wirkte von 1887 bis 1895 Pfarrer Flade, der später, als er an die Dresdner Petrikirche berufen wurde, die Geschichte des Kirchspiels Frauenhain aufschrieb. Er verschwieg auch nicht die Machenschaften der Gutsherrin Anna Dorothea Baldauf geb. Sonnewald (die allerdings zu seiner Zeit längst unter der Erde lag und als Nichtadlige auch keinesfalls die Sympathie ihrer Nachfolger genoss) – sie versuchte die Fronen der Gemeinde willkürlich zu steigern und erlaubte sich auch Eigenmächtigkeiten beim Umbau der Kirche.

Frauenhain, Kirche
Frauenhain, Kirche

Von außen gefiel mir die Kirche besser als von innen; die Jugendstilbilder sind nicht so mein Geschmack. Auch fehlte der berühmte spätmittelalterliche Altar, der aber im Oktober feierlich zurückkehren soll.

Ein kleiner Platz mit Brunnen, Bäumen und Bänken vor dem Gemeindeamt Röderaue lädt zur Rast ein, aber mich zieht es weiter zum Auencafè. Es gibt, neben dem üblichen Gaststättenangebot, auch eine preiswerte Mittagsversorgung, die offenbar von den Anwohnern gut angenommen wird. Nudelsalat mit Jägerschnitzel, da werden Erinnerungen wach..

Versteckt hinter der Grundschule liegt die liebenswerte kleine Tierfarm (s. Film).

Dann muss natürlich noch das nicht vorhandene Schloss besichtigt werden… aber das ist eine andere Geschichte.

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2 Antworten auf „Von Frauenhain nach Raden Teil 1“

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