Ortrand und Großkmehlen

Ortrand, Baum am Kulturbahnhof
Ortrand, Baum am Kulturbahnhof

Der Bahnhof Ortrand ist nicht wirklich barrierefrei. Nur ein Gleis hat einen ebenerdigen Ausgang, und vom anderen muss man über eine hohe Fussgängerbrücke – mit Kinderwagen sicher eine Herausforderung. Asymmetrische Demobilisierung. Dazu kommt, dass die Züge mal auf dem einen, mal auf dem anderen Gleis halten und die älteren Fahrgäste dann mächtig keuchen müssen, wenn ihnen plötzlich aus einem Zug zugerufen wird (eine Sprechanlage haben sie da nicht, nur eine winzig kleine digitale Anzeige, und auch nur auf einem der Bahnsteige), dass sie auf den anderen Bahnsteig sollen.

Der erste Eindruck ist die mächtige Ruine des ehemaligen Kunstseidewerkes, schön grün bewachsen. Auf der anderen Seite der Kulturbahnhof, wo das Jugendleben des Ortes stattfindet. Der eigentliche Bahnhof ist ebenfalls liebevoll saniert und mit einer Gedenktafel für den bedeutenden Eisenbahn- und Landwirtschaftsunternehmer Dr. Zachariae von Lingenthal (sein eigentliches Fach war die byzantinische Rechtsgeschichte, wie die Wikipedia verrät). Geschäftsräume und Arztpraxen halten das Bahnhofsgebäude am Leben. Den Vorplatz beherrscht ein wuchtiges Kriegerdenkmal aus dem 19. Jahrhundert, mit goldenem Adler bekrönt und einer gepflegten Blumenrabatte umgeben. Dagegen sucht man eine Toilette vergeblich.

Mit frischen Farben leuchten die Villen an der Bahnhofstraße, Grün in den Vorgärten und junge Straßenbäume. Ich biege in die Kamenzer Straße ein und kome an eine Treppe, die auf einen leeren Platz führt. Ein freundlicher alter Nachbar erklärt mir, dass hier das alte Schützenhaus stand. Die Privilegierte Schützengesellschaft Ortrand 1466 ist noch heute ein wichtiger Bestandteil des städtischen Lebens. Sie haben eine Vereinsfahne, vom Landrat gestiftet, zwei Schützenkönigsketten, einen Schützenmajor und ein neues Schützenhaus.

Ortrand, morgendliches Kleinstadtleben
Ortrand, morgendliches Kleinstadtleben

Ein kleiner Umweg durch die Neugasse, an der das farbige Straßenpflaster das Interessanteste ist. Man sieht noch wo in der Mitte der kleine Graben, die Abzucht, verlief. Die Häuser selbst sind fast alle neu und langweilig. Zurück zur Bahnhofstraße und zum Bäcker Schütze, ein paar Brötchen kaufen. Wenige Schritte weiter ein Cafè, dann noch ein Bäcker, hier ist gut sein. Am Marktplatz das Hotel Deutsches Haus und eine Postmeilensäule, Rathaus, Apotheke, wie es sich gehört und schließlich im Goldenen Anker die Pizzeria de Salvatore.

Ortrand, Goldener Anker und Pizzeria
Ortrand, Goldener Anker und Pizzeria

Wo die Bahnhofstraße auf die Elsterwerdaer Straße stößt, begrüßt eine bemalte Wand an einem uralten Häuslein die Gäste der Stadt.

Ortrand, Giebel mit Inschrift
Ortrand, Giebel mit Inschrift „Ortrand grüßt seine Gäste“ und Wappen

Gegenüber wirkte einst der Schmiede- und geprüfte Hufbeschlagmeister Alwin Thiele. Möge sein Haus noch lange erhalten bleiben!

Ortrand, Haus des Hufschmieds Alwin Thiele
Ortrand, Haus des Hufschmieds Alwin Thiele

Nach rechts in die Pfarrgasse, zur Barbarakirche aus dem 16. Jahrhunders. später von George Bähr umgestaltet. Herrliche Bäume, einige vom gestrigen Sturm beschädigt, zum Glück nicht die Naturdenkmale, denen eine kleine Erklärungstafel auch wohl anstehen würde. Vom Kirchplatz gelangt man auf den Haag, einen grünen, idyllischen Weg mit Graben, der im Halbkreis um die Kirchenanlage herumführt, eine alte Verteidigungsanlage, denn Ortrand an der Hohen Straße war Grenzstadt. Weiter geht es auf der Elsterwerdaer Straße vorbei an zwei Discountern, hinter denen Sümpfe mit Fröschen ein stilles Refugium bieten. Auch hier erinnern umgebrochene Weidenbäume an den gestrigen Sturm.

Ortrand, Weg zur Kirche
Ortrand, Weg zur Kirche mit Fachwerkhaus

Unter der Autobahnbrücke hindurch folgt die Straße, zunächst als schattige Allee, dem Lauf der Neuen Pulsnitz, die aber von hier aus nicht zu sehen ist. Dafür zeigen sich links in der Ferne die Kmehlener Berge. Wir sind nun schon in Kleinkmehlen, dessen ehemaliger Gasthof noch mit seiner Inschrift den Wanderer wehmütig stimmt. Bis zur Oberstraße von Kmehlen erstrecken sich Felder mit vorschriftsmäßigen Blühstreifen aus Mohn, Kornblumen und Margariten, aber ohne Bienen. Und das ist gut so, denn wer möchte Honig essen, der neben einem gut gedüngten und pestizidbehandelten Feld eingesammelt wurde. Hübsch sieht es aber aus.

Großkmehlen, Schloss
Großkmehlen, Schloss

Großkmehlen, das Renaissanceschloss, kalt und mächtig, wird gern für Hochzeiten genutzt. Es ist von einem Wassergraben umgeben. Das Schönste ist der Park mit „Lustschanze“ und Pavillon, der Teich und die schattigen Wege, der Kuckuck ruft, in der Ferne schreit ein Pfau. Kein Mensch weit und breit.

Großkmehlen, Schlossteich
Großkmehlen, Schlossteich

Noch kurz auf den Friedhof um die Georgskirche, die leider verschlossen ist.

Großkmehlen, Kirche
Großkmehlen, Kirche

Dann durch das langgestreckte Dorf. Im Gasthaus, dessen Garten so einladend aussieht, geschlossene Gesellschaft. Also weiter, hinauf auf den Kutschenberg, den zweithöchsten Berg in ganz Brandenburg, mit großartigem Blick zum Keulenberg.

 

 

 

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